Situation und Perspektiven

Die Klimaerwärmung in Nordostdeutschland nimmt mittel- bis langfristig zu und ist bereits heute spürbar. Die Veränderungen der Niederschlagsmuster führen zu längeren Trockenperioden, heftigeren Starkregenfällen und stärkeren Stürmen. Die Kosten, die durch die Auswirkungen des Klimawandels auf Städte und Gemeinden entstehen, steigen rapide an. Die Anpassung an den Klimawandel auf kommunaler Ebene wird immer wichtiger, um die Lebensqualität zu erhalten und den wirtschaftlichen Standort zu sichern. In den letzten Jahren sind Konzepte zur Klimaanpassung zu einem festen Bestandteil des kommunalen Handelns vieler Gemeinden geworden.

Das Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung (PIK) hat die Klimasensitivität des Berliner Raums für Mensch und Natur untersucht und folgendes festgestellt:

„Die Spreemetropole gehört zu den gefährdetsten Städten in Deutschland“

Die Großstadt bildet im Vergleich zum Umland eine Wärmeinsel. An heißen Tagen werden hier Spitzenwerte gemessen, die 4 bis 10 Grad Celsius höher sind als in der Region. Dadurch steigt der Hitzestress im Sommer. Die Medien zeigen oft sichtbare Schäden in der Stadtinfrastruktur, wie umgestürzte Bäume, überflutete Straßen, blockierte Schienenwege und gekappte Oberleitungen der Bahn. In letzter Zeit rücken jedoch die direkten gesundheitlichen Auswirkungen von zunehmenden Hitzewellen auf die Menschen in Ballungsräumen und Städten stärker in den Fokus. Für Europa ging die WHO für 2022 von 15.000 Hitzetoten aus. Im Jahr 2022 verzeichnet das RKI 4.500 Hitzetote in Deutschland. Seit 2018 sind in Berlin und Brandenburg über 1400 Hitzetote zu verzeichnen. Hitze fordert 96 Prozent aller Opfer von Naturkatastrophen, daher wird sie in der Medizin oft als „stillen Tod“ bezeichnet.

Die Hitze wirkt sich stark auf die Vegetation in Großstädten und die kommunale Infrastruktur aus.

 

„Es ist essentiell, die Stadtgesellschaft über die kommenden Risiken aufzuklären und zu verdeutlichen, dass und vor allem wie gehandelt werden kann  – auch von jedem und jeder Einzelnen“
Fritz Reusswig, PIK Potsdam, 2016

Spreepark

Spreebogenpark im Regierungsviertel 2018

 

Politik und Konzepte die für kommunale Klimaanpassung

2011 beschließt die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz den Stadtentwicklungsplan (StEP) Klima, ein informelles Planungsinstrument, um Fachwelt und Bevölkerung zu sensibilisieren und zu informieren. Es folgen mehrere Publikationen mit Best-Practice-Beispielen zur Anpassung kommunaler Infrastruktur an die Klimafolgen.

2016 erfolgt die Verabschiedung eines neuen StEP Klima „Konkret“. Angesichts des fortschreitenden Wachstums der Stadt und neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse ist die Anpassung an den Klimawandel als integrierte Strategie formuliert worden. Statt eigene Fördermittel für die kommunale Klimaanpassung bereitzustellen, sollen Maßnahmen in neue Projekte von Wohnungsbau, Gewerbeentwicklung, Verkehrsplanung sowie der Grün- und Freiflächengestaltung integriert werden.

An der Strategie der kompakten Stadt, der „Stadt der kurzen „Wege“ durch Nachverdichtung wird dabei festgehalten. Eine Konzentration erfolgt dabei auf die beiden Wetterextreme Trockenheit und Starkregen in den davon am meisten betroffenen Stadtgebieten. Die Auswahl und räumlichen Schwerpunkte der Maßnahmen für das Stadtklima stützt sich dabei auf eine GIS- gestützte Modellierung stadtklimatisch relevanter Kennwerte auf der Basis hochaufgelöster Gebäude- und Vegetationsdaten.

 

Analysekarte Bioklima Umweltatlas Berlin Kommunale Klimaanpassung

Analysekarte Bioklima in Berlin: Belastete Gebiete aktuell (gelb) und bis 2050 (rot)

 

 

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Maßnahmen

Im StEP Klima “Konkret“ werden sechs Interventionsbereiche genannt um die Resilienz urbaner Infrastruktur zu verbessern:

  • Dachgestaltung
  • Fassadengestaltung
  • Erhöhung der Rückstrahlung (Albedo)
  • Urban Wetlands zur Kühlung
  • Regenwassermanagement zur Überflutungsvorsorge
  • Auf die Tageszeit abgestimmte Kühlung

 

Hand mit Lasermessgerät an Autokühler in Schwarz

Messung der Oberflächentemperaturen bei parkenden Fahrzeugen.

Weitere Aktivitäten der Politik für Klimaschutz und kommunale Klimaanpassung

Das 2016 in Kraft getretene Berliner Energiewendegesetz bildet den gesetzlichen Handlungsrahmen für die angestrebte Klimaneutralität der Stadt bis 2050. Im Vergleich zum Referenzwert des Jahres 1990 sollen die CO2 Emissionen bis 2020 um 40% und bis 2030 um 60% gesenkt werden. Dabei will die kommunale Verwaltung selbst mit gutem Beispiel vorangehen: Senats- und Bezirksverwaltungen sollen sich so organisieren, dass sie bereits ab dem Jahr 2030 CO2-neutral arbeiten.

Das Bundesgesundheitsministerium forderte 2017 die Kommunen auf, zum Schutz der Bevölkerung Hitzeaktionspläne als kommunale Konzepte zu erstellen. Dem kamen die Kommunen nur zögerlich nach. So stellte Berlin erst am 20. Juni 2022 einen sogenannten Hitzeschutzplan vor

2018 wird das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm, kurz BEK, verabschiedet. Das BEK enthält Maßnahmen in den Handlungsfeldern Energie, Verkehr, Gebäude und Stadtentwicklung, Wirtschaft sowie private Haushalte und Konsum für den Umsetzungszeitraum bis 2020 und den Entwicklungshorizont 2030. Das BEK bildet den „Fahrplan“ auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2050. Zur Überwachung und Bewertung der weiteren Entwicklung klimatischer Parameter wird ein Klimafolgenmonitoring durchgeführt.

Zur besseren Vernetzung und Förderung des nachhaltigen Umgangs mit Regenwasser wurde von Sen UVK und den Berliner Wasserbetrieben 2018 die Berliner Regenwasseragentur gegründet.

 

Mann mit blauem T-Shirt füllt Wasserflasche an öffentlichem Trinkbrunnen -ein Beispiel für kommunale Klimaanpassung

Trinkwasserbrunnen der Berliner Wasserbetriebe

 

Starker Druck auf die zögerliche Klimapolitik von Bundesländern und Kommunen kommt inzwischen von zivilgesellschaftlichen Initiativen: Durch die großen öffentlichen Demonstrationen im Regierungsviertel durch FridaysforFuture mit Appellen an die Politik. Oder auch in konfrontativen und daher kontrovers diskutierten Protestformen der „Letzten Generation“ oder von „Extinction Rebellion“ die den Aktionsradius der Klimabewegung auf den motorisierten Stadtverkehr und Kultureinrichtungen ausweiten.

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Fontäne im Lustgarten

Am 6. Mai 2021 beschloss die Regierungskoalition im Berliner Abgeordnetenhaus, einen Klimabürger*innenrat nach einem Vorbild in Frankreich einzurichten. Dieser Rat sollte Vorschläge und  Handlungsempfehlungen für ein sozial gerechtes und klimaneutrales Berlin entwickeln. Ein Erfolg der Initiative „Klimaneustart“, die dazu 24.812 gültige Unterschriften für einen Klima-Bürger*innenrat eingereicht hat. Der Senat war gefordert, die Einsetzung des Klima-Bürger*innenrates zu implementieren und Finanzmittel für Arbeit, Moderation und wissenschaftliche Begleitung bereitzustellen.

Erste Ergebnisse liegen nun vor.

Auch die Bereitstellung und Aufbereitung relevanter Informationen durch städtische Unternehmen für Schulen und junge Menschen ist bedeutsam:  Klimamacher.berlin ist ein gutes Projekt, weil es Fragen von Klimaschutz und Klimaanpassung im eigenen Lebensumfeld verbindet.

In Zusammenarbeit mit Universitäten und Baumschulen werden Listen für den „Stadtbaum der Zukunft“ oder „Klimabäume“ erstellt. Das sind Baumarten, die widerstandsfähiger gegen Trockenheit, Wind oder Krankheiten sind. Sie sollen mittel- und langfristig die heutigen Stadtbäume ersetzen. Dabei handelt es sich um verwandte Arten aus europäischen Nachbarländern, in Baumschulen gezüchtete Hybriden oder Neophyten – Pflanzen aus entfernten geographischen Regionen.

Für Städte und Gemeinden stellt auch das Bundesministerium für Umwelt, BMU Fördermittel zur Klimaanpassung für Kommunen bereit, auch für Stellenbesetzungen mit Klimamanager*Innen.
Das Bundesministerium für Bauen, Wohnen und Städtebau (BMWSB) fördert den klimagerechten Umbau von Innenstädten in Deutschland im Jahr 2023 mit 790 Millionen Euro.

Inzwischen bereitet die Bundesregierung einen nationalen Hitzeschutzplan vor.

 

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