Berlins bekanntester Lost Place wird zum Park neuen Typs

Kunst, Kultur und Natur sind die Leitmotive für die Umgestaltung des 24 Hektar großen Areals. Der Spreepark ist ein Projekt für die nachhaltige, urbane Transformation im Spreeraum, im Südosten des Berliner Zentrums.

Der neue Park übernimmt historische Relikte aus der wechselvollen Geschichte dieses Landschaftsraumes und integriert sie in das neue Gesamtkonzept.

 

Der südöstliche Spreeraum – Geschichte einer städtischen Wasserlandschaft

Seit dem 18. Jahrhundert wird die Wasserlandschaft im Südosten des Stadtzentrums von der Stadtbevölkerung zu Erholungszwecken genutzt. Auf der Halbinsel Stralau, die vor der Industrialisierung als Luftkurort galt, errichtete der Berliner Adel noch im 18. Jht. Villen für die Sommerfrische.

Im 19. Jahrhundert wurde das Gebiet zum Ziel von Wochenendausflügen für die wachsende Bevölkerung der Industriestadt. So nutzte das neue Bürgertum den Plänterwald, der ab 1843 aufgeforstet wurde,  auch zum morgendlichen Ausritt.
Im Jahr 1876 eröffnete der 88 Hektar große Treptower Park. Leiter der Planung war der Berliner Gartenbaudirektor und Lenné-Schüler Gustav Meyer.
An den Ufern der Spree entstanden Restaurants mit Terrassen und Anlegestellen für Ausflugsschiffe.

 

Lokal Eierhäuschen Spreepark Berlin

Ausflugslokal „Eierhäuschen“ (Ausschnitt) Quelle: Grün Berlin GmbH

 

Höhepunkt dieser Zeit war die Eröffnung der Berliner Gewerbeausstellung 1896, ein Schaufenster des Baugewerbes nach dem Gründerkrach, mit vielen Kulissenarchitekturen und Attraktionen. Manche temporär, manche dauerhaft. Die historisierenden Architekturen hatten das Ziel, unterschiedliche Atmosphären im Landschaftsraum zu schaffen. Die Abtei, die Insel der Jugend, das Archenhold-Observatorium und eine künstliche Pyramide mit Palmenhain, die den Anspruch auf den „deutschen Platz an der Sonne“ in den Kolonien beschwor.
In den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts entstehen dann vor Ort die ersten Vergnügungsparks mit Fahrgeschäften, der Letzte davon wird mit Kriegsbeginn 1939 geschlossen.

Gleichzeitig beanspruchte der Zuzug der Industrie in die Gegend in zunehmendem Maße die Spreeufer für den Transport, die Kühlung von Maschinen und die Ableitung von Schmutzwasser. So entstanden unter anderem eine Glashütte, eine Palmölfabrik, die AEG am Treptower Park und schließlich das Großkraftwerk Klingenberg gegenüber dem Spreepark, dessen Abgase ab 1927 den Himmel schwarz färbten.

 

Die Zeit des „Kulturparks Plänterwald“

Zum 20. Jahrestag der Gründung der DDR wurde ein 90 Hektar großer Kulturpark geplant, der auch Teile des benachbarten Plänterwalds einbezieht. Als verkleinerte Version wird am 4. Oktober 1969 der 29 Hektar große „Kulturpark Plänterwald“ auf dem Gelände einer ehemaligen Baumschule eröffnet. Er ist der größte und einzige ständig geöffnete Vergnügungspark der DDR. Besondere Begeisterung erwecken die vielfältigen Fahrgeschäfte, die sich auf einer weitgehend asphaltierten Fläche präsentieren.
1975 werden im Zuge der Modernisierung die Schornsteine des Heizkraftwerks Klingenberg erneuert und mit Elektrofiltern ausgestattet.
1979 wird der benachbarte Plänterwald als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen

 

Rotes Riesenrad Spreepark Berlin

Das rote Riesenrad des Kulturparks Plänterwald (Ausschnitt). Quelle: Grün Berlin GmbH.

 

 

Die Zeit des „Vergnügungsparks Spreepark“

Nach der Wiedervereinigung kaufte der Unternehmer und Schausteller Norbert Witte 1991 den Kulturpark vom Bezirk Treptow. Der neue Name „Spreepark“, greift die Lage am Wasser auf. Seine Idee war es, das Thema Wasser zum Motto seines Freizeitparks zu machen.  Er investiert in die großflächige Neugestaltung des Areals. Wasserflächen und Kanäle werden angelegt und die Gondeln neuer Fahrgeschäfte sausen durch künstliche Felslandschaften und Kulissenwälder.

Ebenfalls seit Anfang der 90-er Jahre schließen nun auch die großen Industriebetriebe in der Umgebung, dort entstehen in den folgenden Jahrzehnten Büros und Wohnungen, so z.B. auf der Stralauer Halbinsel.

 

Tassenkarusell im Spreepark Berlin

Das Tassenkarussell aus Paris -Relikt aus dem Spreepark der 90-er Jahre wird in die neue Anlage integriert. Quelle: Grün Berlin GmbH.

 

 

Die Zeit des „Lost Place“

Zehn Jahre später wird die Anlage aufgrund der Insolvenz des Eigentümers geschlossen. Die Fahrgeschäfte und Gebäude verfallen, und die Natur erobert sich das Gelände zurück. Der Zaun der Anlage sieht zunehmend löchrig aus und der Park wird im Laufe der Jahre zur Bühne nächtlicher Partys und zum Liebling der Berliner „urban exploration“-Szene.
Fotos des verfallenden Spreeparks, die nun über soziale Netzwerke wie Flickr oder Instagram verbreitet werden, verschaffen dem Ort erstmals internationale Aufmerksamkeit als Lost Place.
Erste Führungen ab 2009 monetarisieren das Interesse an der alptraumhaften Atmosphäre des Geländes. Schließlich entdeckt auch Hollywood die Qualität als Drehort, so für die Schlusssequenz des Films „Wer ist Hanna?“ (2011).
Für die breite  Öffentlichkeit bleibt die Fläche jedoch geschlossen. 2014 brennt die Kulissenstadt Old England bei einem nächtlichen Feuer größtenteils ab.

 

Saurierwiese Spreepark Berlin

Saurierwiese (Ausschnitt). Quelle: Grün Berlin GmbH.

 

Der Erwerb des Spreeparks durch das Land Berlin

Im selben Jahr erwarb das Land Berlin den Park und übertrug 2016 Planung, Bau und Betrieb eines neu zu errichtenden Parks an die landeseigene Grün Berlin-GmbH.

Nach einem zweistufigen öffentlichen Beteiligungsverfahren mit über 2000 Beiträgen wurde 2018 von einer Arbeitsgruppe unter Leitung der Landschaftsarchitekten Latz und Partner ein Rahmenplan für die weitere Entwicklung vorgelegt.

 

„Kunst, Kultur und Natur“ -das neue Konzept

Der Spreepark soll als neuer Parktypus einen Baustein für eine nachhaltige und grüne Stadtentwicklung für die südöstliche Spreeregion bilden. Die historischen Schichten des Parks werden in die Neuplanung einbezogen und weiterentwickelt. Markante Elemente aus der Geschichte des Vergnügungsparks finden so Eingang in die Konzeption des neuen Parks:

  • Von besonderer Bedeutung ist das rote Riesenrad. Mit 45 Metern Höhe überragt es weithin sichtbar die Baumkronen des Plänterwalds und wurde im Laufe der Jahrzehnte zur prägenden Landmarke.
  • Auch die Dorfkulisse von Altengland soll als überdachte Kulisse für Veranstaltungen wiederbelebt werden, ebenso wie die zentrale Freilichtbühne aus DDR-Zeiten für Live-Konzerte und Events.
  • Das große Wasserbecken soll wieder mit Wasser befüllt werden. Gepflegte Freiflächen mit Wiesencharakter werden als Liegeflächen Platz für Spiel und Erholung bieten.
  • Die ehemalige Wildwasserbahn wird für die Naturbeobachtung zugänglich gemacht und die ehemalige Spreeblitz-Achterbahn wird für Kunstausstellungen und Installationen geöffnet.

Die Entwürfe der Planungsgemeinschaft zeigen erste Atmosphären:

 

 

Das Verkehrskonzept

Ein den Zielen des nachhaltigen Tourismus verpflichtetes Verkehrskonzept setzt auf die Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln, eine verbesserte Anbindung für den Radverkehr und E-Scooter sowie eine neue Anlegestelle für Ausflugsschiffe. Zudem sind mehrere Parkplätze für Menschen mit Einschränkungen geplant.

Wie hoch sind die Kosten und die Baukosten für den Park?

72 Millionen Euro hat die Grün Berlin GmbH für den Park veranschlagt. Für die Erweiterung des Parkprojekts stehen nun 20 Millionen Euro aus GRW-Mitteln des Landes und des Bundes – Mittel zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur – zur Verfügung.

 

Wann wird der Park eröffnet?

Derzeit wird das Ausflugslokal „Eierhäuschen“ denkmalgerecht saniert, die Wiedereröffnung ist für 2023 geplant. Im Jahr 2024 folgt dann die Eröffnung des größten zentralen Bereichs des Parks. Und schließlich werden 2026 die beiden künftigen Haupteingänge Nord und Süd eröffnet.

Führungen, die einen Einblick in die Zukunft des neuen Spreeparks geben, werden in der warmen Jahreszeit von Grün Berlin angeboten.

 

Mehr zum Thema finden Sie auf der Website des Spreeparks

Dazu Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 28. April 2022