Alexanderplatz ist für die nächsten Jahre Großbaustelle

Berlin im Film, in der Literatur oder in den Nachrichten: Kein anderer Stadtplatz steht mit seiner Geschichte so sehr für das Thema des ständigen Wandel Berlins wie der Alexanderplatz. Die Meinungen dazu gehen weit auseinander: Für viele ist er ein beliebter Treffpunkt zum Einkaufen mit touristischen Attraktionen wie dem Fernsehturm und der Weltzeituhr sowie saisonalen Märkten. Andere wiederum fühlen sich an Alfred Döblin’s düsteren Roman aus den 1920er-Jahren erinnert und meiden den Platz: laut, schmutzig, unsicher.

“Die Stadt ist ein Moloch, der die Menschen verschlingt und sie in seinem unaufhörlichen Treiben zermalmt.”

Berlin Alexanderplatz,  Alfred Döblin, 1929 Nun erfolgt die nächste Transformation und es wird dort weitergebaut. Was entsteht nach den aktuellen Planungen und welche Veränderungen ergeben sich für den Platz?

Städtebaulicher Rahmenplan 1993

Bereits in den 90ern wurde der Rahmenplan für Hochbau, Freiraum und Mobilität entwickelt, der heute noch die Grundlage für die Bebauungspläne ist. Nach der Wiedervereinigung waren Hochhäuser für Büros und Geschäfte bei Investoren sehr gefragt. Neben dem Potsdamer Platz und der West-City am Zoo wurde der Alexanderplatz als Standort für ein innerstädtisches Hochhausensemble ausgewählt, weil er ein bedeutender Verkehrsknotenpunkt für den öffentlichen Verkehr ist. Zudem haben die Stadtplaner darauf hingewiesen, dass eine Verdichtung der Stadt Vorteile gegenüber einer weiteren Ausdehnung ins Umland hat. Sie haben sich für eine kompakte Stadt gegen die Suburbanisierung ausgesprochen. Den Wettbewerb für den städtebaulichen Rahmenplan haben 1993 Hans Kollhoff und Helga Timmermann gewonnen. Der Plan sah Hochhäuser als Teil einer Blockstruktur mit gemischter Nutzung vor. Für neue Investorenprojekte wurde ein Wohnanteil von 30 % vorgeschrieben. Es blieb dabei offen, ob es sich um Miet- oder Eigentumswohnungen handeln wird. Im Laufe der Zeit wurde der Plan immer wieder an neue Bedürfnisse und Entwicklungen angepasst. Das Hochhaus auf dem ehemaligen C&A-Gelände südlich der S-Bahn an der Rathausstraße wurde gestrichen. Gebäude wie das Haus des Berliner Verlages und das Haus des Reisens sollten für Hochhausneubauten abgerissen werden. Heute stehen sie dagegen als prägende Bauten der DDR-Zeit unter Denkmalschutz. Bei Projekten wie dem Einkaufszentrum Alexa oder dem Hines-Gelände mit dem Saturn-Markt hat die Verwaltung zunächst Sockelgeschosse genehmigt, da die geplanten Hochhäuser mit Wohnungen nicht mehr verkäuflich waren. Außerdem ist ein neues Kino entstanden, das schwarze CUBIX-Kino, von Tchoban Voss Architekten, südlich der S-Bahntrasse. Während in der Nähe um den Alexanderplatz in den letzten Jahren mehrere neue Hochhäuser mittlerer Größe entstanden sind, wurde der Platz selbst zur Großbaustelle. Was wird dort aktuell gebaut?

Covivio Hybrid-Hochhaus

Neben dem Park Inn Hotel entsteht ein 130 m hoher Doppelturm mit 33 Obergeschossen und 3 Untergeschossen. Zum Platz hin ist ein Sockelgeschoss mit gemischter Nutzung vorgelagert, das sich gerade im Rohbau befindet. Neben Wohnungen sind zahlreiche Geschäfte und Gastronomie vorgesehen. Ein Kindergarten für 35 Kinder ist geplant. Ein 2500 Quadratmeter großer  Dachgarten mit Holzpergolen in 36 Metern Höhe  wird dann über einem Club zugänglich sein.

Covivio Hybrid Tower Berlin © Covivio Hochhaus Covivio D3 Tower ©Covivio – Sauerbruch Hutton

Insgesamt sind 60.000 Quadratmeter Mietfläche vorgesehen, davon 30.000 Quadratmeter Büro-, 17.000 Quadratmeter Gewerbe- sowie 11.000 Quadratmeter Wohnfläche mit Gemeinschaftsküchen und 1.280 Quadratmeter Gemeinschaftsflächen. Die geplanten Kosten werden vom Investor und Entwickler Covivio mit 530 Millionen Euro beziffert. Die Architektur stammt von Sauerbruch Hutton, der Entwurf für die Dachgärten stammt vom Planungsbüro Sinai. Die Fertigstellung ist für 2025 geplant. Ein Problem für den Tiefbau: Unter dem Alexanderplatz befindet sich der denkmalgeschützte Bahnhof der U-Bahnlinie 2.

Alexander Berlin’s Capital Tower

Neben dem Kaufhaus Alexa wurde am 14. September 2021 der Grundstein für den Bau des 150 m hohen und 35-geschossigen Wohnturms der Moskauer MonArch-Gruppe gelegt.

Hochhäuser am Alexanderplatz - MonArch Wohnhochhaus Alexander Berlin’s Capital Tower.  © O&O Baukunst / Finest-Images

Neben 377 Wohnungen, Penthäusern und einer Sky-Lounge sind im Sockelgeschoss auf drei Etagen Einzelhandelsflächen, ein Spa mit Schwimmbad, ein Fitnessstudio und ein Kino vorgesehen. Die Architektur stammt von O & O Baukunst aus Wien, die zuvor das Einkaufszentrum Alexa entworfen haben. Die Fertigstellung war für 2023 geplant, aber die Arbeiten sind aktuell eingestellt, weil sich die politische Lage geändert hat. Die Tiefgeschosse sind im Rohbau fertiggestellt.

MYND Hochhaus am Galeria

Das 135 m hohe Hochhaus des Investors Signa an der Karl-Liebknecht-Straße wird in den Sockel des bestehenden Galeria-Kaufhauses integriert. Neben Büroflächen sind 1.000 m² Gemeinbedarfsflächen und eine öffentlich zugängliche Dachterrasse auf 135 m vorgesehen.

Hochhäuser am Alexanderplatz - Signa Tower Signa Hochhaus am Galeria Kaufhof. Architektur. Kleihues + Kleihues, Berlin. © Signa Real Estate

Die Architektur stammt von Kleihues + Kleihues. Das Büro hat bereits 2008 den ersten Umbau des Centrum Warenhauses aus DDR-Zeiten für Kaufhof Galeria geplant. Der Teilabriss des Bestandsgebäudes beginnt im Oktober 2021. Die Bauarbeiten finden bei laufendem Betrieb statt. Das neue Hochhaus soll nach Angaben von Signa CO2-neutral sein. Die Fertigstellung war für 2025 geplant. Inzwischen ist das Gebäude von Galeria Karstadt Kaufhof Alexanderplatz zusammen dem 130 Hochhausprojekt von Signa an die Frankfurter Commerzbank-Tochter Commerz Real verkauft worden, die das Hochaus aktuell weiterbauen.

Bild des Berliner Fernsehturms mit Bahnhof Alexanderplatz

Die Baustellen am Alexanderplatz im März 2025:

Das nächste Projekt?

Nun soll ein viertes Hochhaus hinter der Saturn-Filiale folgen. Zur Diskussion stehen Entwürfe von Frank O. Gehry, Barkow Leibinger und Kleihues + Kleihues.

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© Text:  Christian Hajer